Reiseblog von Markus, Gesine und Bruno

Monat: Juni 2022

Reisen mit Hund

Oder: die richtige Reisegeschwindigkeit, Teil 1

In den letzten Tagen war es extrem heiss. Die Sonne stach nur so herab und selbst im Schatten war es kaum erträglich. Schon morgens heizte sich der Asphalt auf den Straßen und Gehwegen sehr auf. Das Meer bot Erfrischung, aber selbst dort war es nicht lange auszuhalten. Für Bruno war es eindeutig nicht das richtige Wetter. Am Meer gab er keine Ruhe und verausgabte sich beim Steinchen tauchen. Ausserdem plagte ihn das viele Salzwasser später im Magen. Am Campingplatz war keine Stelle kühl genug. In der Stadt Gallipoli war der Boden zu heiss und selbst am Abend noch zu warm. Schlaf fand er weder auf dem Campingplatz noch beim Autofahren. Er wurde immer schlapper und müder.
Also Bremse rein und zurück nach Alberobello, das etwas erhöht liegt und einen schattigen Campingplatz hinter einem kleinen Wäldchen hat. Dort ging am Abend und während der Nacht ein kühleres Lüftchen und es ließ sich wunderbar schlafen. Kurzerhand blieben wir dort noch eine Nacht.
Bruno genoss die Ruhe und den schattigeren Platz sichtlich, bewegte sich bis abends kaum unter dem Auto hervor und war dann beim Abendessen wieder für Schabernack zu haben.
Manchmal muss man einfach langsam machen.

Erdbeben in Italien

Ich hatte ja bereits geschrieben über die durch Erdbeben zerstörten Städte in den Regionen der Marken. Egal, wo wir bisher in Italien waren, hatte jede Region ihre Not mit den Erdbeben. Manchmal schon vor längerer Zeit in der Vergangenheit, manche Zerstörungen liegen auch erst einige Jahre zurück.
Auf Sizilien fuhren wir an zwei Dörfern vorbei, die neben anderen Dörfern, durch ein Erdbeben 15. Januar 1968 völlig zerstört wurden. Gibellina und Ruderi de Poggioreale , beide im Südwesten der Insel gelegen. In der bergigen, relativ dünn besiedelten Gegend, entschloss man sich, beide Dörfer komplett neu und an anderer Stelle aufzubauen.
Die neuen Siedlungen sind nicht das Sehenswerte, anders als in Noto oder Modica. Diese wurden nach dem Beben 1693 kostspielig und komplett im barocken Stil wieder aufgebaut. und waren sehr sehenswert.
Gibellina und Poggioreale sind deshalb so besonders, weil der Umgang mit den beiden zerstörten Dörfern völlig unterschiedlich war.
Im alten Poggioreale überließ man die Ruinen sich selbst und sperrte das ganze Dorf wegen Einsturzgefahr. Noch heute kann man das kleine Dorf in seiner damaligen Struktur erahnen und die verbliebenen Mauerreste und Hauswände wirken wie ein Mahnmal.
In Gibellina entschloss man sich, das zerstörte Dorf in ein Kunstwerk zu verwandeln und damit eine Gedenkstätte für die Erdbebenopfer zu errichten.
Der Künstler Alberto Burri überdeckte die mittelalterlichen Reste mit Beton und konservierte dabei den Grundriss des Dorfes mit seinen engen Gassen und Kreuzungen. 1,5 Meter hoch goss er den Beton über Mauern, Wände, zerstörte Einrichtungsgegenstände, eben alles, was zurückbleiben musste nach dem Erdbeben. Heute kann man durch die Gedenkstätte “Cretto“ laufen und muss sich die einstige Bebauung dabei vorstellen.
Beide Orten wirken auf ihre Art gespenstisch und mahnend. Wir haben uns gefragt, wie man den Erbebenopfern eher würdig gedenken kann: mit dem Mahnmal der verfallenden Ruinen oder der künstlerischen Interpretation durch das Betonungetüm? Wie wohl die Einheimischen darüber denken?

Cretto, Gedenkstätte Gibellina

Hitze und Trockenheit

Mit dem Camper fahren wir viel übers Land und nehmen gerne auch kleine Straßen, statt auf der Autobahn zu fahren. Wir haben ja Zeit und wollen So nimmt Landschaft und Kultur erleben.
Zur Zeit sieht es durch die Hitze und den ausbleibenden Regen an vielen Stellen gleich aus. Ausgetrocknete Felder, trockene Olivenhaine und staubtrockene Luft. Neben den Straßen oft ein wiederkehrendes Bild: Olivenhaine, die vor kurzem gebrannt haben und schwarz verkohlte Stämme und verdorrte Blätter haben. Manchmal sieht man die Rettungsversuche der Bauern, indem sie die Bäume radikal zurückschneiden und auf die Kraft und die Widerstandsfähigkeit der Bäume hoffen. Tatsächlich sieht man auch einige Bäume, die danach wieder austreiben und das Feuer überstanden haben. Viele schaffen es auch nicht.
Einige Male war der Brand erst vor ganz kurzer Zeit entstanden und überall war noch die Asche zu sehen, die aus dem Land eine leblose Kulisse macht. Zweimal sind wir direkt neben einem Brand vorbeigefahren.
Die Trockenheit macht der Gegend wirklich zu schaffen und die Sorglosigkeit einiger Menschen, die ihre Kippen aus dem Autofenster werfen, wird dann zur echten Gefahr.
Olivenbäume wachsen langsam und können unglaublich alt werden. In Katalunia gibt es einen Baum der auf 1400 Jahre geschätzt wird. In Griechenland wächst ein uraltes Exemplar, das man auf weit über 2000 Jahre schätzt.
Bis zur ersten Ernte dauert es eine ganze Weile: Sieben Jahre geduldet sich der Bauer, bis er eine erste Ernte erzielt.
Umso trauriger macht uns deshalb der Anblick der zerstörten Olivenhaine.

Regionale Erkennungsmerkmale

Nach so vielen Wochen in Italien haben wir natürlich bereits viele Städte und Örtchen besichtigt. Manche sind ganz einzigartig, wie Alberobello mit seinen Trulli Kegelhäusern. Manche bestechen durch ihre extreme Lage, Erice auf dem Berggipfel, Positano an der Amalfiküste an den Hang geklebt, Noto oder Modica als barocke Gesamtkunstwerke.
Andere sind anziehend aufgrund kulinarischer Spezialitäten, kulturhistorischer Bauwerke oder angrenzenden Nationalparks.


Stattdessen freut mich oft etwas anderes. Mittlerweile achte ich in jeder Stadt auf eine besondere Kleinigkeit: die Hausnummern.
Nicht so sehr die Nummerierung, obwohl: logisch und einleuchtend ist sie nicht immer. Oder folgt einer mir bislang verborgenen Regel. In Zeiten von googlemaps ist das auch zweitrangig.
Mich interessieren vielmehr die Hausnummernschilder. Also die Form, wie ein Haus mit einer Nummer versehen wird.

In Deutschland ist mir noch nie passiert, Hausnummern zu fotografieren, es scheint vorrangig eine Frage des Geschmacks und Geldbeutels zu sein. Hier ist mir irgendwann aufgefallen, dass viele Ortschaften und Städle ganz charakteristische Hausnummernschilder haben, die im ganzen Ort zu finden sind.
Mal aufgemalt, schabloniert, emailliert, getöpfert, mal einfarbig oder bunter. Die Vielfalt ist echt erstaunlich und oftmals ist die Gestaltung offensichtlich bereits vor vielen Jahren vorgenommen worden.
Gibt es eine Vorschrift dafür, wie in welchem Ort die Beschriftung zu sein hat? Ohje, das ist ja eine typisch deutsche Denke…
(Wen es interessiert mag bitte googlen und mich dann bitte nicht informieren😁😂).
Ich finde es einfach schön und habe Freude daran.
Schaut selbst:

Straßenführung, die italienische

Verkehrsführung zur Erlangung buddhistischer Gelassenheit und zur Freude von Europapark-fans

Über den Verkehr und die Strassenverkehrsordnung habe ich ja nun schon öfter geschrieben. Ein Phänomen blieb bisher, mangels Beweisfotos, ungenannt.
Der Kreisverkehr?
Wir kennen ihn ja auch von anderen Ländern und die ampelfreie Kreuzung funktioniert ja durch den Kreisel meist wunderbar.
In Italien ist ein fast fanatischer Hang zum Bau sequenzieller Kreisel festzustellen. Auffahrt auf die Autobahn mit einem Kreisel? Ja, unbedingt! Und vorallem zunächst den vorgeschalteten Kreisel von der Landstrasse auf den Autobahnzubringer durchfahren. Von dort bequem, natürlich per Kreisel, auf die Autobahnzufahrt kommen. Sicherheitshalber ein letzter Kreisel mit Schwung nehmen, um direkt auf die Autobahn zu gelangen.
Mittlerweile ist jedliche Orientierung verloren gegangen, im Camper alle Schubladen offen, das Gehirn gegen die Schädeldecke gedrückt und der anzufahrende Ortsname vergessen. Egal, in Italien ists überall schön, beruhigt der Italiener. Und der Camper ruckelt gemütlich in die falsche Richtung. Somit wendet man an der nächsten Ausfahrt und hat die Chance, noch einmal alle Kreisel zu durchfahren.
Hier als Beispiel die Autobahnauffahrt in Messina, im der Ausführung “Panoramablick“.

Hupe, die italienische

Ich habe ja schon einige Erlebnisse auf italienischen Strassen geschildert. Hatte ich auch schon die akustische Seite der Verkehrsregelung erwähnt?
Hier wird die Hupe mal im Stakkato, mal drängelnd, mal im Dauergebrauch eingesetzt. Sicherlich spielt die charakterlichen Eigenheiten des Fahrers, die berufliche und persönliche aktuelle Befindlichkeit eine zusätzliche Rolle. Ganz klar scheint es aber, eine gewisse allgemeingültige Grammatik des Hupens zu geben. Dieser sind wir auf der Spur….

  • Piccolo clacson: ein kurzes Hupen, etwa “ Hallo, ich bin da“, “
  • clacson fortissimo: ohrenbetäubend, “Hey Alter, es ist grün!,,,“ gerne noch ein kräftiges Schimpfwort nach Wahl dazu ergänzen
  • clacson accelerando: lauterwerdendes Hupen: “ Wenn du so weiterfährst, schlafe ich noch hinterm Steuer ein…“
  • clacson staccatissimo: kurzes, schnelles Gehupe: “Ich komme und bin ein LKW“ ungefähr unserem Vorfahrtszeichen entsprechend.
  • clacson addolorato: wehleidiges Hupen, etwa „Huöp“: “ Mach hinne, meine Frau sitzt neben mir und schimpft dauernd“
  • clascon parlando: die wahre Kunst des Hupens, unterschiedliche Tonarten, gleichsam kleine Melodie: das Bäckerauto kommt und bringt frische Brötchen. Unbedingt anhalten!!!
  • clascon martiale: „Ich bin ein LKW und direkt hinter dir.“
  • clascon mezza voce: Danke fürs vorbei lassen.
  • clascon vivace: du siehst mich nicht, aber ich komme dir auf deiner Seite entgegen..

Dies sind sicher nur die einfachsten Anwendungsbeispiele und bilden rudimentäre Kenntnisse der Hupologie dar.

Zu Dionys dem Tyrannen schlich…

Reisen bildet, sagt man.
Stimmt!
Aber es wirft auch viele Fragen auf….
Als ich über Syrakus/ Siracusa im Reiseführer las, war ich erstaunt, dass eine Stadt vierhundert Jahre vor Christus bis zu 200.000 Einwohner haben konnte. Die Ausmaße der antiken Stadt sind heute noch in Syrakus zu sehen und übertreffen die heutige Stadtgröße und Einwohnerzahl locker (ca 123.0000). Die vielen archäologischen Funde und Überreste aus verschiedenen Zeitaltern brachte Syrakus den Titel Weltkulturerbe im Jahr 2005.
Es war zunächst eine griechische Stadt und florierte mächtig – so mächtig, dass Athen einst versuchte, mit ihren Flotten Siracusa zu erobern. Sie scheiterten.
Günstig an zwei natürlichen Häfen gelegen und auf der zur Stadt gehörigen Insel Ortygia mit einer Süsswasserquelle gesegnet, war die Stadt gut gegen Feinde gerüstet. In der griechischen Herrschaftszeit wurde die Kultur und Wissenschaft besonders gefördert, Platon und Aischylos wurden an den Hof geholt, Archimedes und Theokrit hier geboren. Mit 15.000 Sitzplätzen überbot das Theater Greco alle anderen antiken Theater in Grösse und Dimension. Mit der Übernahme der Römer und dem Status einer Provinzhauptstadt sank die Bedeutung Syrakus ständig. Die Theater wurden zum Teil umgestaltet, da sich Römer eher für Gladiatorenkämpfe interessiert hatten.

Mir war nicht klar, dass Dionysos, der Tyrann, zu dem bekanntermaßen Schillers Damon mit dem Dolch im Gewand schlich, hier herrschte. Wusstet ihr, dass „Tyrann“ einfach nur Herrscher bedeutete? Da lernt man so ein ellenlanges Gedicht auswendig und weiss nichts über den Hintergrund. Das wäre doch wichtig gewesen zu erwähnen….

Ich habe mich erstaunt, dass eine so grosse Stadt über so viele Jahrhunderte gut funktioniert hatte. Wie haben sie es mit dem Wasser organisiert, mit Abwasser und Abfall?
Vielleicht sogar besser, als in heutigen Zeiten, kam mir in den Sinn, als ich durch moderne Teile der Stadt lief…

Camperleben

Zwischendurch muss auch mal gewaschen werden, ausgeruht oder einfach nur die Hitze ausgehalten werden. Wir sind nun über vier Wochen unterwegs und es hat sich dann doch schon Routine eingestellt und die meisten Dinge haben ihre festen Platz. Noch immer scheppert es zwischendurch mal im Bus, die schlechten und engen Strassen fordern unsere Packkunst ganz schön heraus. Mittlerweile haben wir auch schon unseren Luxus genossen!
Sowohl mit dem Herdbackofen einen Kuchen gebacken wie auch die Hängematte genossen. Allerdings merken wir auch, wie wenig Dinge man tatsächlich braucht und man kann diese Einfachheit auch schätzen.

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